Bayerischer Verwaltungsgerichtshof hält Regelung für widersinnig – was stattdessen genügt zeigt ein aktueller Fall von Rechtsanwalt Dietrich Jaser, Günzburg.
In einer erst jetzt bekannt gewordenen Entscheidung hat das höchste bayerische Verwaltungsgericht, der Verwaltungsgerichtshof München (VGH) klargestellt, dass zur Fahrlehrerschaft auch Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und sogar ohne „gleichwertige Vorbildung“ zugelassen werden können (VGH München, Beschluss vom 18.12.2019 – Az.: 11 C 19.1139).
Der VGH ist im Einklang mit Dauer (Dauer, Fahrlehrerrecht, Vogel Verlag, 1. Auflage 2018, § 54 FahrlG, Anm. 21) völlig zu Recht der Auffassung, dass die bis 31.12.2019 geltende Regelung in § 54 Abs. 2 Nr. 2 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) „widersinnig“ sei.
Dort war geregelt, dass eine Ausnahme von der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 5 FahrlG („… mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder eine gleichwertige Vorbildung …“) nur dann erteilt werden könne, wenn der Bewerber „eine gleichwertige Vorbildung nachgewiesen hat“ (Anm. des Autors: Da beißt sich – auf gut Deutsch gesagt – die Katze in den Schwanz).
Dass eine Ausnahme von der gleichwertigen Vorbildung nur unter der Voraussetzung einer gleichwertigen Vorbildung möglich sein soll, ist eine bemerkenswerte Leistung deutscher Gesetzgebungskunst.
Das hat zwischenzeitlich auch der Gesetzgeber bemerkt und diese unsinnige Regelung mit Wirkung vom 01.01.2020 aus dem Fahrlehrergesetz getilgt. Somit müssen sich künftig Bewerber mit dieser rätselhaften Regelung im FahrlG nicht mehr beschäftigen.
Dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass für die Zulassung zum Fahrlehrerberuf nun keinerlei Eignungsnachweise mehr erforderlich sind. Deswegen lohnt es sich die Entscheidung des VGH etwas genauer zu betrachten.
Es begann im Jahre 2017. Eine Bewerberin stellte unter Vorlage aller erforderlichen Formulare, Nachweise und Belege beim zuständigen Landratsamt einen Antrag auf Zulassung zur Fahrlehrerprüfung.
Das Landratsamt lehnte den Antrag sodann mit Bescheid vom 11.09.2017 ab – mit der Begründung, die Antragstellerin verfüge weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulausbildung noch über eine gleichwertige Vorbildung.
Die Antragstellerin und der Autor dieser Zeilen waren jedoch anderer Auffassung und beantragten Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht (VG) München. Dieses lehnte am 25.03.2019 den Antrag wegen fehlender Erfolgsaussichten ab, gab also dem Landratsamt recht. Gegen den Beschluss des VG München legte die Antragstellerin schließlich erfolgreich Beschwerde ein.
Der VGH sah, anders als das VG, die Erfolgsaussichten als gegeben, hob den Beschluss des VG auf und gewährte der Antragstellerin Prozesskostenhilfe.
Nach Auffassung des VGH hat das VG in seinem Beschluss vom 25.03.2019 zwar richtigerweise die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt und in Rechnung gestellt, dass das nach früherem Recht geltende Erfordernis der abgeschlossenen Hauptschulausbildung seit dem 1. Januar 2018 entfallen war, hat aber andererseits die bestehende Ausnahmemöglichkeit vom Erfordernis der gleichwertigen Vorbildung falsch bewertet.
Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FahrlG in der nunmehr geltenden Fassung verlangt nur noch „eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder eine gleichwertige Vorbildung.“
Des Weiteren sieht § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c) FahrlG nunmehr für die Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis im Unterschied zur früheren Rechtslage die Möglichkeit einer Ausnahme vom Erfordernis eines Bildungsabschlusses nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FahrlG vor.
Der VGH ist, wie oben dargestellt, der Auffassung, dass die Rechtslage vom VG falsch bewertet wurde und führt hierzu aus:
Soweit das Verwaltungsgericht hierzu ausführt, eine Ausnahme komme nicht in Betracht, weil § 54 Abs. 2 Nr. 2 FahrlG hierfür den Nachweis einer gleichwertigen Vorbildung voraussetze, den die Antragstellerin nicht erbracht habe, entspricht dies zwar dem Wortlaut der (noch) geltenden gesetzlichen Regelung.
Allerdings erscheint es widersinnig, für eine Ausnahme vom Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder einer gleichwertigen Vorbildung wiederum den Nachweis einer gleichwertigen Vorbildung zu verlangen […].
Der VGH weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass nach der amtlichen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/10937, S. 141) auch die Teilnahme an einem Berufseignungstest ein Indiz dafür liefern kann, ob ein Fahrlehrerlaubnisbewerber trotz geringerer Vorbildung für die Ausbildung und Berufsausübung geeignet ist.
Diesen Gesichtspunkt hat das VG offensichtlich übersehen. Nachdem es bei der Verpflichtungsklage auf die aktuelle Sach- und Rechtslage ankommt, hätte das VG hinreichende Erfolgsaussichten der Klage bestätigen und die begehrte Prozesskostenhilfe gewähren müssen.
Mit diesem Beschluss des VGH ist für die Zukunft klargestellt, dass Bewerber um die Fahrlehrerlaubnis künftig weder eine abgeschlossene Hauptschulausbildung noch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine gleichwertige Vorbildung zwingend vorweisen müssen. Es genügt auch der Nachweis eines erfolgreich abgeschlossenen Berufseignungstests.
Rechtsanwalt Dietrich Jaser
- Jura-Studium in Konstanz
- Referendariat in Konstanz, Luxemburg (Europäisches Parlament) und Günzburg
- Rechtsanwalt seit 1997
- Strafverteidiger seit 1998
- Fachanwalt für Arbeitsrecht seit 2003
- Referent für Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht, Seminarleiter seit 2002
- Spezialist für Fahrlehrerrecht seit 1999
- Fach-Autor beim Interessenverband Deutscher Fahrlehrer e.V.
- Mitglied im Berater-Team beim Bundesministerium für Verkehr
- Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Arbeitsrecht, Strafrecht und Verkehrsrecht im Deutschen Anwalt Verein
- Mitglied im APRAXA Anwaltsnetzwerk
Kanzlei Domus Juris Jaser & Koll. – Günzburg
www.domusjuris.de
Telfon: 08221 – 2468-0