Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat in einem Beschluss vom 25. November 2024 eine wichtige Entscheidung für Fahrlehrer und Fahrschulinhaber getroffen. Dabei wurde insbesondere klargestellt, wie sich der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis auf die Fahrschulerlaubnis auswirkt.
Der Fall
Ein Fahrschulinhaber sah sich mit einem Bescheid konfrontiert, durch den sowohl seine Fahrlehrerlaubnis als auch seine Fahrschulerlaubnis widerrufen wurden. Für den Widerruf der Fahrlehrerlaubnis ordnete die zuständige Behörde die sofortige Vollziehung an, während der Widerruf der Fahrschulerlaubnis von dieser Maßnahme ausgenommen blieb.
Die Behörde argumentierte, dass der Inhaber nach dem sofortigen Vollzug des Widerrufs der Fahrlehrerlaubnis verpflichtet sei, unverzüglich eine andere Person als verantwortliche Leitung gemäß den Vorgaben des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) zu bestellen. Ohne eine solche Bestellung dürfe die Fahrschule nicht weiterbetrieben werden.
Die Entscheidung des VGH
Der VGH stellte klar, dass die Fahrschulerlaubnis nicht automatisch mit dem Widerruf der Fahrlehrerlaubnis erlischt. Gemäß § 33 Abs. 2 FahrlG tritt ein Erlöschen der Fahrschulerlaubnis erst dann ein, wenn der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis unanfechtbar geworden ist – also nach Ausschöpfung aller rechtlichen Instanzen.
Zentrale Aspekte der Entscheidung
1. Rechtliche Trennung von Fahrlehrer- und Fahrschulerlaubnis
Die Fahrlehrerlaubnis ist zwar eine Voraussetzung für die Erteilung der Fahrschulerlaubnis (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FahrlG). Dennoch sind beide Erlaubnisse rechtlich eigenständig. Dies ergibt sich aus den getrennten Regelungen in § 1 FahrlG (Fahrlehrerlaubnis) und § 17 FahrlG (Fahrschulerlaubnis).
2. Gesetzliche Regelungen zum Erlöschen
Das FahrlG definiert klar, unter welchen Bedingungen eine Fahrschulerlaubnis erlischt oder ruht. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 FahrlG geschieht dies nur dann automatisch, wenn die Fahrlehrerlaubnis unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die Fahrschulerlaubnis bestehen.
3. Keine Analogie zulässig
Die Behörde hatte argumentiert, dass eine Regelungslücke bestehe, die eine analoge Anwendung von § 33 Abs. 1 FahrlG rechtfertige. Dadurch sollte die Pflicht zur Bestellung einer verantwortlichen Leitung bereits mit dem sofortigen Vollzug des Widerrufs der Fahrlehrerlaubnis ausgelöst werden. Der VGH wies dieses Argument zurück: Eine solche Lücke existiert nicht. Das Fahrlehrergesetz regele die Voraussetzungen abschließend, unter denen eine Fahrschulerlaubnis erlischt oder eingeschränkt wird.
Praktische Konsequenzen für Fahrschulinhaber
Die Entscheidung hat weitreichende praktische Folgen für Fahrschulinhaber, deren Fahrlehrerlaubnis widerrufen wird:
- Gewerbebetrieb: Der Inhaber darf seine Fahrschule vorläufig weiterführen.
- Ausbildung: Er darf jedoch selbst keine Fahrschüler mehr ausbilden; diese Aufgabe muss auf angestellte Fahrlehrer übertragen werden.
- Verwaltungsverfahren: Die Behörde ist verpflichtet, Anträge der Fahrschüler weiterhin zu bearbeiten.
- Prüfungen: Fahrprüfungen der Fahrschüler dürfen nicht verweigert werden.
Begründung des Gerichts
Der VGH betonte, dass das FahrlG eine eindeutige gesetzgeberische Wertung enthält: Ein nicht bestandskräftiger Widerruf der Fahrlehrerlaubnis hat keine Auswirkungen auf die Fahrschulerlaubnis. Die von der Behörde vorgenommene analoge Auslegung würde zudem zu einem Wertungswiderspruch führen, da das Gesetz die Bestellung einer verantwortlichen Leitung nur unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht.
Wichtige Punkte für die Praxis
Die Entscheidung des VGH schafft Klarheit und stellt sicher, dass Fahrschulinhaber trotz angeordneten Sofortvollzugs des Widerrufs ihrer Fahrlehrerlaubnis nicht sofort gezwungen sind, ihren Betrieb einzustellen. Dabei gilt:
- Ein Widerspruch gegen den Widerruf der Fahrschulerlaubnis hat aufschiebende Wirkung.
- Die Fahrschule kann während des Widerspruchsverfahrens weiterbetrieben werden.
- Der Inhaber darf lediglich selbst keine Fahrlehrtätigkeit mehr ausüben.
- Eine Bestellung eines verantwortlichen Leiters ist nicht erforderlich, solange der Widerruf der Fahrlehrerlaubnis nicht unanfechtbar ist.
Bedeutung für Fahrlehrer und Fahrschulinhaber
Die Entscheidung zeigt, dass es sich lohnt, gegen den Widerruf von Fahrlehrer- und Fahrschulerlaubnis rechtlich vorzugehen. Selbst in schwierigen Situationen bleiben zentrale Rechte während des Widerspruchs- und Klageverfahrens bestehen. Um Fehler zu vermeiden und die Erfolgsaussichten zu erhöhen, ist es für betroffene Fahrlehrer ratsam, sich der Unterstützung eines im Fahrlehrerrecht versierten Rechtsanwalts zu bedienen.
Dietrich Jaser
Rechtsanwalt und Spezialist für Fahrlehrerrecht
www.fahrlehrerrecht.com
Telefon: 08221-24680