Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat mit einem vom Autor erstrittenen Beschluss vom 23.12.2024 (Az. 6 L 3625/24) eine wichtige Entscheidung getroffen, die für Fahrlehreranwärter von erheblicher Bedeutung ist. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob von der gesetzlich vorgesehenen Drei-Jahres-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 FahrlG, bis zu der eine Fahrlehrerlaubnis erteilt werden kann, Ausnahmen möglich sind und wie die Behörde mit entsprechenden Anträgen umzugehen hat.

Behördliche Verzögerung und fehlendes Ermessen

Ein Fahrlehreranwärter hatte seine Ausbildung im Mai 2021 begonnen. Die gesetzliche Frist von drei Jahren zur Ablegung der Fahrlehrerprüfung war im Mai 2024 abgelaufen. Die zuständige Behörde lehnte es ab, eine Ausnahme vom Erlöschen der Anwärterbefugnis zu gewähren, ohne den Antrag des Betroffenen umfassend zu prüfen und zu bescheiden.

Besonders relevant war im Verfahren, dass der Antragsteller bereits im März 2023 seinen ersten Nachweis über die zweite Reflexionseinheit nach § 1 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung vorgelegt hatte, die die Behörde nicht anerkennen wollte, weil sie zu früh durchgeführt worden war. Das hatte sie erst im April 2024 nicht dem Fahrlehreranwärter selbst, sondern dem Ausbildungsfahrlehrer mitgeteilt – ohne den Grund zu nennen. Dadurch bestand keine Chance mehr, die bemängelte Reflexion nachzuholen.

Der Verwaltungsvorgang ließ laut Gericht nicht erkennen, wie die Behörde damit umgegangen ist, wann der Nachweis der Reflexion vorgelegt wurde, ob und wie sie darauf reagiert hat oder ob der Antragsteller behördliche Hinweise erhalten hat. Diese Unsicherheiten und Lücken im Verwaltungsvorgang haben das Gericht daran gehindert, sich ein vollständiges Bild vom Ablauf des Verwaltungsverfahrens zu machen und waren ein zentrales Argument für die Rüge der Behördenversäumnisse. Das Verwaltungsgericht stellte deshalb fest, dass die Behörde weder ihren Ermessensspielraum erkannt noch eine nachvollziehbare Abwägung der Interessen vorgenommen hatte, insbesondere nicht im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und die individuellen Umstände des Falls.

Ausnahmen von der Drei-Jahres-Frist sind möglich

Im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung steht § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 FahrlG, der fordert, dass die Ausbildung zum Fahrlehrer innerhalb der letzten drei Jahre vor Erteilung der Fahrlehrerlaubnis erfolgt sein muss. § 54 FahrlG eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, von bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zuzulassen, wobei insbesondere § 54 Abs. 1 Nr. 1d) FahrlG eine Ausnahmemöglichkeit von der „Ausbildung zum Fahrlehrer“ eröffnet, jedoch die Drei-Jahres-Frist nicht ausdrücklich benennt. Das VG Düsseldorf argumentiert, dass die Vorschrift des § 54 Abs. 1 FahrlG nicht abschließend ist und auch eine Ausnahme von der Frist zulässig sein kann, wenn dies im Einzelfall sachgerecht erscheint. Die Kammer hält eine solche Ausnahme zwar für unwahrscheinlich, aber nicht für kategorisch ausgeschlossen. Sie begründet dies damit, dass eine vollständige Dispens von der Ausbildung nach § 54 Abs. 1 Nr. 1d) FahrlG möglich ist und daher erst recht eine Ausnahme von der Frist zulässig sein müsse, insbesondere wenn die Fristüberschreitung nicht dem Bewerber zuzurechnen ist oder auf außergewöhnlichen Umständen beruht.

Abgrenzung zu VG Cottbus (18.06.2024 – 7 K 825/23)

Hierin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des VG Cottbus (Urteil vom 18.06.2024, Az. 7 K 825/23). Das VG Cottbus vertritt die Auffassung, dass eine Ausnahme von der Einhaltung der Drei-Jahres-Frist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 FahrlG gesetzlich nicht vorgesehen sei und daher auch kein behördliches Ermessen bestehe, von dieser Frist abzuweichen. Die Düsseldorfer Kammer hingegen stellt auf eine systematische und verfassungsrechtliche Auslegung ab und betont, dass der Gesetzgeber keine unüberwindbaren Hürden aufbauen dürfe, wenn die Fristüberschreitung nicht vom Anwärter verschuldet ist. Damit öffnet das VG Düsseldorf erstmals die Tür für eine Ausnahme auch von der Drei-Jahres-Frist und widerspricht explizit der restriktiven Linie des VG Cottbus.

Versäumnis der Behördenpflicht zur Einzelfallprüfung

Ein weiterer Schwerpunkt des Beschlusses liegt auf den Behördenversäumnissen. Das Gericht rügt ausdrücklich, dass die Behörde den Antrag des Betroffenen nicht ermessensfehlerfrei geprüft hat. Es fehle an einer nachvollziehbaren Abwägung und einer individuellen Bewertung der Umstände. Insbesondere wurde nicht ausreichend berücksichtigt, ob der Anwärter die Fahrlehrerlaubnis noch erreichen kann und ob die Fristüberschreitung auf Umständen beruht, die außerhalb seines Verantwortungsbereichs liegen. Die Behörde hatte sich stattdessen pauschal auf den Fristablauf und ein laufendes Klageverfahren berufen, ohne eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen.

Auf die Argumente kommt es an: Chancen sichern statt vorschnell aufgeben

Wer von einem Fristablauf betroffen ist, sollte keinesfalls voreilig resignieren. Die aktuelle Entscheidung zeigt, dass die Rechtslage keineswegs abschließend geklärt ist und individuelle Umstände durchaus berücksichtigt werden können. Gerade angesichts der divergierenden Rechtsprechung und der komplexen Materie empfiehlt es sich, frühzeitig einen auf Fahrlehrerrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren. Als erfahrener Vertreter in diesem Rechtsgebiet stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Interessen kompetent zu wahren und Ihre Erfolgschancen realistisch einzuschätzen.

Spezialist für Fahrschul- und Fahrlehrerrecht deutschlandweit
Rechtsanwalt Dietrich Jaser
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